Stromcloud – was ist das? (Teil 2)
13. Oktober 2021Eine Stromcloud oder -community verspricht, den Strom aus Ihrer Photovoltaikanlage zu "speichern", damit Sie nicht zusätzlich Strom aus dem Netz kaufen müssen, wenn Ihre Anlage gerade nicht genug produziert. Denn in der Praxis können Sie nicht rund um die Uhr so viel Strom selbst erzeugen, wie Sie auch verbrauchen.
Zu Teil 1 des Artikels kommen Sie hier.
Kosten für Cloudstrom meist zu hoch – Verträge intransparent
Strom aus der "Cloud" kann für Solarbetreiber finanziell kaum attraktiver sein als die übliche Vorgehensweise: Sie speisen Ihren überschüssigen Solarstrom ins Netz und erhalten dafür die Vergütung aus dem EEG. Für den Reststrom, den Sie aus dem Netz beziehen, zahlen sie alle Beschaffungskosten, Netzdurchleitungspreise und gesetzlichen Abgaben, wie bei anderen Strombezugstarifen auch. Es gibt schlicht keine Kostenersparnis, die ein Stromversorger Kunden in Form eines Preisnachlasses weitergeben könnte. Diese Tatsache wird oft durch kreative Tarifkonstruktionen mehr oder weniger geschickt verschleiert.
So beinhalten die umfangreichen und für Laien kaum verständlichen Vertrags- und AGB-Klauseln häufig nur schwer nachvollziehbare Preis- und Abrechnungsmodalitäten. Ein Preisvergleich zwischen der Stromcloud und dem Bezug von Reststrom von einem "normalen" Versorger wird Verbrauchern damit praktisch unmöglich gemacht.
Die Tarife und Verträge sind auch deshalb kompliziert, weil die in die Cloud und aus der Cloud geflossenen Strommengen mit zusätzlichen Überschüssen und Mehrverbräuchen gegeneinander verrechnet und mit unterschiedlichen Preisen bewertet werden müssen. Cloudmengen sind mal zu hoch und mal zu niedrig und wenn sich der Stromverbrauch verändert, passt der Anbieter die Mengen und Preise nach einer nicht transparenten Berechnungslogik an.
Selbst bei manchen Anbietern hat die Begeisterung für Cloudtarife bereits nachgelassen und so haben schon mehrere ihre Angebote inzwischen eingestellt oder sie versuchen, ihre Tarifmodelle zu vereinfachen.
Analyse zeigt: Cloudtarife sind selten sinnvoll
Fast alle Stromcloud-Tarife sind am Ende nicht günstiger, sondern deutlich teurer, als wenn Sie Ihren Reststrom von einem Stromversorger beziehen. Das ist jedenfalls das Ergebnis der "Vergleichsanalyse von Cloud- und Community-Angeboten in Deutschland" des Bonner Marktforschungsunternehmens EUPD Research, die im September 2020 herausgegeben wurde.
Dabei wurden die Stromcloud-Tarife von 13 überregionalen Anbietern in einem Beispielfall mit dem Reststrombezug bei einem günstigen Ökostromanbieter verglichen. Die Berechnungen wurden für drei verschiedene Standorte – München, Berlin und Bremen – durchgeführt, um die unterschiedlichen Ertragssituationen von Photovoltaikanlagen zu berücksichtigen.
Das wirtschaftliche Ergebnis ist ernüchternd: Nur zwei Berechnungen weisen knapp positive Ergebnisse der Stromcloud für den Solarbetreiber aus. Ansonsten kosten die Stromclouds jährlich bis zu 375 Euro mehr als der Reststrom vom Ökostrom-Anbieter.
In der Vergleichsanalyse schaffen es einzig die Firmen Sonnen und Lichtblick in drei Fällen, ein neutrales bis leicht positives Ergebnis für den Beispielhaushalt zu erzielen. Nur bei diesen beiden Unternehmen gehört es zum Konzept, die Batterien zu vernetzen und als "Schwarmbatterie" für Netzdienstleistungen zu nutzen. Ob das für die Anbieter aber auch zu nachhaltigen Erlösen führen wird, die es ermöglichen, ihren Kunden dauerhaft günstige Tarife anzubieten, lasst sich nicht überprüfen.
Nachteile von Cloudtarifen
Wenn Sie sich für einen Cloudtarif interessieren, müssen Sie sich nicht nur auf komplizierte Preis- und Vertragsmodelle einstellen, die schwer durchschaubar sind. Meist sind die Kosten auch höher, als wenn Sie Ihren Reststrom vom günstigen Anbieter beziehen. Aber es gibt noch weitere Aspekte, die zum Nachteil werden können.
Batteriespeicher meist zu groß
Meistens werden Stromclouds beim Kauf einer Photovoltaikanlage oder eines Batteriespeichers vom jeweiligen Verkäufer angeboten. Die Konditionen hängen dabei oft von der Dimensionierung des Batteriespeichers ab und nicht selten werden dabei viel zu große und damit unnötig teure Batteriespeicher verkauft. Schon das frisst einen möglichen Kostenvorteil der Stromcloud gegenüber dem Reststrombezug wieder auf.
Tarife variieren von Anbieter zu Anbieter
Die Stromclouds bestehen aus mehreren Komponenten, die je nach Anbieter unterschiedlich zusammengesetzt sind:
- Die Tarife beinhalten eine feste monatliche Pauschale, die eine bestimmte Menge Stromverbrauch oder Strombezug aus der Cloud beinhaltet.
- Der ins Netz eingespeiste Strom wird vergütet oder nicht vergütet oder mit der aus dem Netz ("der Cloud") zurück bezogenen Menge verrechnet.
- Nicht abgerufene Strommengen innerhalb der Cloud-Strommenge können verfallen.
- Zusätzlicher Strombezug über die Cloudmenge hinaus wird zusätzlich berechnet oder führt in Folgejahren zu einer höheren monatlichen Pauschale.
- Meistens ist der Kauf einer Photovoltaikanlage oder des Batteriespeichers von einem speziellen Anbieter nötig, um dessen Stromcloud nutzen zu können.
- Bei einzelnen Anbietern erhalten Sie als Anlagenbetreiber eine Vergütung dafür, dass der Cloudbetreiber den Batteriespeicher für Netzdienstleistungen nutzen darf. Die Vergütung erfolgt als vertraglich vereinbarter Geldbetrag oder als kostenlos gelieferte Strommenge.
Die vielfältigen Kombinationsmöglichkeiten dieser und weiterer Bausteine machen Stromclouds wenig transparent und den Vergleich untereinander sowie mit normalen Stromtarifen vom Stromversorger schwierig.
Auch steuerlich keine Vereinfachung
Zu der Frage, wie sich Cloudtarife auf die steuerliche Behandlung der Photovoltaikanlage auswirken, hat sich die Finanzverwaltung bisher nicht eindeutig geäußert. Aber die komplizierten Vertrags- und Tarifkonstruktionen machen die bisher schon nicht einfache Steuerabwicklung der Photovoltaikanlage eher unübersichtlicher. Die Hoffnung, durch die Cloud würde sich die steuerliche Behandlung der Photovoltaikanlage als unternehmerische Tätigkeit erübrigen, erfüllt sich bei näherer Betrachtung nicht.
Dieser Blogbeitrag beruht in Teilen auf folgender Meldung: https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/energie/preise-tarife-anbieterwechsel/stromclouds-spezialtarife-fuer-prosumer-haben-ihren-preis-56743